Selbstorganisierte Teams – Kannibalismus im Unternehmen?

Ich bin ein absoluter Freund von eigenverantwortlicher Arbeit und empfinde den Ansatz selbstorganisierte Teams einzusetzen sehr sinnvoll. In meiner Rolle des Product Owner nehme ich hier die Funktionen der fachlichen Führung und der Steuerung der Weiterentwicklung war. In diversen Gesprächen mit Kollegen aus unterschiedlichen Unternehmen zeigt sich jedoch, dass die Selbstorganisation teilweise an Grenzen stößt und neue Gräben aufmacht.

Warum selbstorganisierte Teams?

Schauen wir doch als erstes Mal in das “Agile Manifest” welches die Leitlinien der Agilen Arbeitsweise setzt und beschreibt. Hier finden wir folgende Aussage:

Die besten Architekturen, Anforderungen und Entwürfe entstehen
durch selbstorganisierte Teams.

Quelle: Agiles Manifest
Agile Teamwork

Ein selbstorganisiertes Team ist ein Team, welches sich durch die Zusammensetzung der Personen in die Lage versetzt, wesentliche Rahmenbedingungen selbst zu bestimmen und zu leben. Das Team organisiert seine Arbeitsabläufe selbst und bekommt die Verantwortung für die prozessuale Steuerung übertragen.

Das Team trägt die Verantwortung für das im Team verortete Produkt.

Ein selbstorganisiertes Team ist im Grunde also eine Einheit welche sich, wie es der Name schon sagt, selbst organisiert. Hierunter fallen unter anderem Dinge wie die Priorisierung der Aufgaben, die Definition der Arbeitsweise aber Punkte wie die Zusammenarbeit mit anderen Teams.

Zusammenarbeit zwischen Teams gewährleistet?

Synergien innerhalb des Konzernes müssen genutzt werden – so zumindest mein Leitbild. Der gemeinschaftliche Erfolg überwiegt immer den eigenen. Die Zusammenarbeit zwischen Teams ist essenziell für den Erfolg eines Unternehmens. Nur wenn wir als Teams wirklich offen miteinander arbeiten, zueinander offen und ehrlich sind und versuchen entstandene Lösungen und vorhandenes Wissen gegenseitig zu nutzen entsteht das beste Produkt.

Was ist aber, wenn jedes Team nur seine eigenen Ziele verfolgt? Wenn gar aus der falschen Interpretation eines “selbstorganisierten Teams” eine echte Konkurrenzsituation entsteht anstatt, dass die Zusammenarbeit gefördert wird?

Ist es nicht sogar logisch, dass selbstorganisierte Teams, je nach Definition dieser Selbstorganisation, eher Konkurrenten als Partner sind?

In vielen Gesprächen mit Personen aus unterschiedlichen Unternehmen stellte ich fest, dass die fehlende Zusammenarbeit allgegenwärtig ist. Meist arbeiten die Agilen Teams (egal ob Scrum oder Kanban) nebeneinander her, alle mit ihrem eigenen Ziel. Selten sind die Ziele zwischen einzelnen Teams abgestimmt, im schlimmsten Fall widersprechen sich selbige.

Ziegen Wettkampf / Streit

Vorsicht vor Kannibalismus im Unternehmen

Es ist keine Seltenheit, dass in unterschiedlichen Teams die gleichen fachlichen Lösungen entstehen. Nach der Produktivsetzung werden diese dann als Konkurrenzprodukte im Unternehmen angesehen werden. Der “Kampf” welche Lösung sich durchsetzt wird mit ausgefahrenen Ellenbogen auf unterer Ebene ausgetragen – das Miteinander ist zerstört.

lustige Kannibalen

Ich nenne das den “Kannibalismus im Unternehmen”. Der Focus des Handelns liegt nicht mehr darin das Beste für das Unternehmen zu tun. Das Handeln wird durch die eigenen Ziele jedes einzelnen Teams bestimmt – das große Ganze gerät aus dem Focus.

Wir, zumindest sollten es, sind in der Lage von vergangenen Fehlern zu Lernen. Hierbei müssen wir nicht alle Fehler selbst machen, auch eine Beobachtung oder eine Erzählung genügt. Ich erinnere mich z.B. an eine Geschichte von meinem Vater bei welcher er mir erzählte wie er gelernt hat, dass man im Topf kochendes Wasser nicht anfassen sollte. Das reine zuhören genügte um daraus zu lernen und zu wissen, dass dies auf der “not ToDo-Liste” steht.

Teams, welche nicht miteinander, sondern nebeneinander oder sogar gegeneinander arbeiten können nicht voneinander lernen. Erfahrungen werden nicht geteilt und Fehler wiederholen sich. Wir müssen voneinander lernen um besser zu werden. Nur die wirkliche und ehrliche Zusammenarbeit sorgt dafür, dass wir nicht ständig die gleichen Fehler machen.

Selbstorganisierte Teams – wo ist die Grenze?

Natürlich befürworte ich die Arbeit in einem selbstorganisierten Team. Die Vorteile der freien Arbeitsweise überwiegen klar den möglichen Nachteilen. Fraglich ist für mich nur, wie viel Selbstorganisation den Teams überlassen werden sollte.

Aus meiner Sicht ist spätestens beim Business-Case, also der wirtschaftlichen Verantwortung, Schluss. Agile Teams, welche aus 5 bis 10 Personen bestehen sind, aus meiner Sicht, als Einheit zu klein als dass diese die wirtschaftliche Steuerung selbstständig übernehmen sollten.

Obliegt diese Steuerung den Teams selbst so ist die Zusammenarbeit mit anderen Teams nicht mehr im Focus. Der Kannibalismus beginnt.

Aus meiner Sicht muss genau an dieser Stelle ein organisatorischer Überbau geschaffen werden, welcher diese Situation verhindert. Die Zusammenarbeit der Teams und die Nutzung der vorliegenden Synergien muss ein Kriterium für die Erreichung der wirtschaftlichen Ziele sein. Zusammenarbeit muss die Pflicht und keine Option sein.

Taschenrechner

Teams, welche die gleichen Themen bearbeiten aber auf unterschiedliche Ziele einwirken (sei es nun ein strategisches oder wirtschaftliches Ziel) sollte es nur in absoluten Ausnahmefällen gegeben.

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This article was written by Thomas Schiffler

Alles was mit IT zu tun hat steht bei mir hoch im Kurs. Hierbei dreht sich vieles um Java, Python oder auch mal PHP. Unser Zuhause ist mit diversen Raspberry PIs ausgestattet mit welchen ich versuche unser Leben durch etwas Automatisierung ein wenig smarter zu gestalten. Hierbei möchte ich die Technik und die dahinter eingesetzten Tools / Frameworks verstehen und nicht einfach nur Anwenden. Ich selbst bezeichne mich als ITler aus Leidenschaft :) Seit 2020 ist das Thema Chatbot / Voicebot / Conversational.ai in meinen Focus gerückt. In diesem Bereich investiere ich gerade viel Zeit.

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